Ein Meilenstein für mich: Beratung in Organisationen

Im September 2024 habe ich meine Lernreise auf dem Weg des Beraters für Organisationen am Hephaistos Coaching Institut in München mit einem Zertifikat abgeschlossen (kann man sowas überhaupt „abschließen“?)

Motiviert hat mich das Interesse, meine Expertise in Psychodynamik (Individuum) und Gruppendynamik (Teams und Gruppen) um die Dynamik in Organisationen zu erweitern bzw. zu ergänzen, da ich bei meiner Arbeit als Psychotherapeut, Supervisor und Businesscoach immer auch mit Themen und Anliegen zur organisationalen Dynamik konfrontiert bin.

In einem Propädeutikum aus drei vorbereitenden Workshops zu den Themen „Organisation, was ist das?“ und „Beratung in Organisationen (I und II)“ sowie der anschließenden anderthalbjährigen Masterclass Organisation ging es so richtig ans Eingemachte.

Erwartet hatte ich, dass wir die triviale Welt des mechanistischen Denkens dekonstruieren, uns sehr fundiert mit der Systemtheorie von Niklas Luhmann und Konsorten und dem Konstruktivismus beschäftigen würden. Auch hatte ich gehofft, Inspirationen für mein Interesse an Erkenntnistheorie und Philosophie zu bekommen. Und am Ende sollte auch ein Mehr an Beratungskompetenz für meine Kund:innen – Menschen und Organisationen – (sic!) dabei herausspringen.

Gepaart mit meinem Vorsatz, bei fortgeschrittener Bildungsbiographie nicht mehr passiv und konsumtiv die Schulbank zu drücken, war am Ende tatsächlich von allem etwas dabei.

Die Ahnung, dass beim Verlassen meines bisherigen Weltverstehens, das traditionell und kulturell seit 2.500 Jahren auf der zweiwertigen Logik von Aristoteles gründet und der Beschäftigung mit der Denkfigur der Paradoxie ein anderes Weltverständnis und damit auch ein verändertes Selbstbild erwachsen würde, hat sich in vielen, persönlichen, beruflichen und spirituellen Facetten bestätigt.

So haben wir gemeinsam mittels, oft sehr gewöhnungsbedürftiger, soziologischer Sprache und Begrifflichkeiten mit Ideen und Konzepten zur Organisation gerungen, die vieles bisher Unhinterfragte auf den Kopf gestellt haben. Kleine Kostprobe gefällig?

  • Der Wandel ist das Normale, Stagnation und Strukturbildung sind die erklärungsbedürftigen Phänomene.
  • Organisationen bestehen aus Kommunikation und sind um Konflikte herum gebaut.
  • Eine Kunst bei der Teilnahme an Konflikte ist es, gleichermaßen über die Fähigkeit einer Eskalation und/oder Besänftigung zu verfügen, um so dem eigentlichen Zweck des Konflikts – der Neuausrichtung von Regeln in sozialen Systemen zu dienen.
  • Entscheidungen brauchen, um Entscheidungen zu sein, gleichwertige Alternativen. Alles andere sind Berechnungen. Daher werden Begründungen für Entscheidungen auch erst nach der Entfaltung ihrer Wirkung relevant.
  • Entscheidungen in Organisationen sind das A und O zur Reduktion von Komplexität und zum Umgang mit Kontingenz und die Grundlage für das Erreichen einer gewünschten Zukunft in einer unberechenbaren Umwelt.
  • Immer wieder gerne: Menschen sind Umwelt der Organisation
  • Strategie (gerne als Substantiv verkauft) ist vielmehr strategieren (Verb), denn es ist bei festgelegter, gewünschter Zukunft ein Prozess des Beobachtens der Abweichungen vom Weg zum Ziel innerhalb der Organisationsdynamik auf diese gewünschte Setzung mit permanentem Bedarf zum anpassen und/oder nachjustieren.
  • Strategieren ist kontinuierliche Managementaufgabe (auf Wunsch mit Unterstützung durch die Beobachtung externer Beratung) und nicht ausschließliche Beratung von außen.
  • Berater machen keine Interventionen, sie sind sie (wenn auch mal besser, mal weniger hilfreich)
  • Eine der Hauptfunktionen des (Organisations-) Gedächtnisses ist das Vergessen.
  • … and there is more to come!

Genussvoll bleibt bei alle dem die Erinnerung, in einem gemeinsamen Lernraum mit dreizehn weiteren klugen Köpfen durch diesen Lernprozess gegangen und durch aktives Selbst- und Mitdenken und -fühlen sowie lebhafte theoretische wie praktische Diskurse zu neuen Erkenntnissen gelangt zu sein, die Gefühle von Verstörung, Verunsicherung, Lust, Leidenschaft, Überwältigung, Aha-!, Ver- und Entzauberung bewirkten.

So macht Lernen Spaß – und ich fürchte, die Reise geht weiter. Wer Lust hat, sich auszutauschen, ob als Kolleg:in, Kund:in oder einfach aus Neugier: meldet euch gerne. Weitere Informationen gibt es auch auf der Website: www.metatheorie-der-veraenderung.info

Ein herzlicher Dank geht an all die Vordenker und Begleiter dieser Reise: Stephan Kühl, Fritz B. Simon, Klaus Eidenschink, Ulli Merkes, Lothar Wüst, Felix Reiners, Niklas Luhmann, Peter Fuchs, Dirk Baecker, Armin Nassehi, Viktoria Leonhard, Eloise Schuller, Maxi Weiss, Jutta Binias, Natalie Kuba, Reto Kessler, Matthias Larsch, Matthias Weidinger, Matthias Tholen und Ulf Nordmann.